Corporate Venture Capital
Corporate Venture Capital (CVC) bezeichnet Beteiligungsinvestitionen etablierter Unternehmen in innovative Startups. Anders als klassische Venture-Capital-Gesellschaften, die primär finanzielle Renditen anstreben, verfolgen Konzerne mit ihren CVC-Aktivitäten meist eine Doppelstrategie: Sie wollen sowohl vom finanziellen Erfolg der jungen Unternehmen profitieren als auch strategische Vorteile für ihr Kerngeschäft erzielen.
Google Ventures, Intel Capital und der BMW i Ventures Fonds sind prominente Beispiele für solche Corporate-Venture-Einheiten. Der Automobilhersteller BMW etwa investiert gezielt in Startups aus den Bereichen Elektromobilität und autonomes Fahren – Technologiefelder, die für die eigene Zukunftsfähigkeit entscheidend sind.
Die Abgrenzung zum klassischen Venture Capital
CVC unterscheidet sich in wichtigen Punkten vom klassischen Venture Capital. Während unabhängige VC-Firmen ausschließlich externe Geldgeber im Rücken haben und klare Exit-Zeitpläne verfolgen, speist sich Corporate Venture Capital aus den Mitteln des Mutterkonzerns und kann langfristiger agieren. Auch die Entscheidungswege sind anders: Bei traditionellen VCs entscheiden spezialisierte Investmentmanager weitgehend autonom, während CVC-Abteilungen häufig ihre Investitionsentscheidungen mit verschiedenen Konzernbereichen abstimmen müssen.
Ein weiterer wesentlicher Unterschied liegt in den Zielen. Klassische VCs jagen primär nach finanzieller Rendite. CVC-Einheiten hingegen gewichten den strategischen Nutzen oft höher als die reine Kapitalrendite. Sie suchen nach Technologien, Geschäftsmodellen oder Talenten, die das eigene Unternehmen voranbringen können – auch wenn die finanzielle Rendite dabei möglicherweise geringer ausfällt als bei reinen Finanzinvestments.
Strategische Ziele und Mehrwert für beide Seiten
Für etablierte Unternehmen bietet CVC einen strukturierten Zugang zum Innovationsökosystem. Die Konzerne verfolgen dabei unterschiedliche strategische Ziele:
- Früher Zugriff auf disruptive Technologien und Geschäftsmodelle
- Erschließung neuer Märkte und Kundensegmente
- Einblick in Trends und Entwicklungen außerhalb des eigenen Radius
- Rekrutierung von Unternehmern und innovativen Talenten
- Auslagerung von risikoreichen Entwicklungsprojekten
- Aufbau eines Ökosystems von komplementären Produkten und Dienstleistungen
Auch für die Startups bietet die Zusammenarbeit mit einem Corporate Investor Vorteile. Neben dem Kapital profitieren sie vom Marktzugang, von der Infrastruktur und vom Know-how des Großunternehmens. Der Pharmakonzern, der in ein Biotech-Startup investiert, bringt nicht nur Geld mit, sondern auch Erfahrung in der Zulassung von Medikamenten, Zugang zu klinischen Testeinrichtungen und etablierte Vertriebskanäle. Das kann den Unterschied zwischen Erfolg und Scheitern bedeuten.
Organisationsformen und Integration
CVC-Aktivitäten können unterschiedlich strukturiert sein. Manche Konzerne gründen rechtlich eigenständige Venture-Capital-Gesellschaften, die zwar eng mit dem Mutterunternehmen verbunden sind, aber operativ unabhängig agieren. Andere siedeln ihre Venture-Aktivitäten direkt in der Unternehmenszentrale an oder koppeln sie an bestehende Forschungs- und Entwicklungsabteilungen.
Die richtige Balance zu finden, ist dabei eine Herausforderung. Ist die CVC-Einheit zu eng an den Konzern angebunden, leidet möglicherweise die Agilität, und die Attraktivität für Startups sinkt. Ist sie zu unabhängig, gehen womöglich wichtige Synergien verloren. Erfolgreiche Corporate-Venture-Programme schaffen es, beide Welten zu verbinden: Sie operieren mit der Geschwindigkeit und Flexibilität von Venture-Capital-Gesellschaften, können aber gleichzeitig die Ressourcen und Netzwerke des Mutterkonzerns aktivieren.
Herausforderungen und Erfolgsfaktoren
Corporate Venture Capital ist kein einfaches Unterfangen. Kulturelle Unterschiede zwischen dem strukturierten Konzernalltag und der chaotisch-kreativen Startup-Welt führen häufig zu Reibungsverlusten. Auch unterschiedliche Zeithorizonte können zum Problem werden: Während Startups schnelle Entscheidungen benötigen, durchlaufen Konzerne oft langwierige Genehmigungsprozesse.
Erfolgreiche CVC-Programme zeichnen sich durch klare strategische Ausrichtung, ausreichende Autonomie und langfristiges Commitment aus. Sie verstehen sich als Brückenbauer zwischen der Konzern- und der Startup-Welt und schaffen es, beiden Seiten Mehrwert zu bieten. Die besten CVC-Manager sprechen beide Sprachen fließend: Sie kennen die Prozesse und Denkweisen des Konzerns ebenso gut wie die Bedürfnisse und Herausforderungen junger Wachstumsunternehmen.
Nicht zuletzt spielt die Kontinuität eine entscheidende Rolle. CVC-Programme, die je nach Konjunkturlage mal aufgebläht, mal zusammengestrichen werden, entwickeln kaum nachhaltige Wirkung. Vertrauen im Startup-Ökosystem aufzubauen, braucht Zeit – und Verlässlichkeit ist eine Währung, die im Venture-Geschäft hoch gehandelt wird.