Quiet Period
Stellen Sie sich vor, der CEO eines Börsenunternehmens muss plötzlich den Mund halten. Keine Interviews, keine Prognosen, keine Hintergrundgespräche. Das ist die Quiet Period – eine Phase der verordneten Stille vor wichtigen Kapitalmarktereignissen. Klingt seltsam? Ist aber bitter nötig.
Ruhe vor dem Börsensturm
Die wichtigsten Anlässe für eine Quiet Period sind:
- Börsengang (IPO)
- Quartalszahlen
- Große Übernahmen
- Anleiheemissionen
Meist beginnt die stille Zeit vier Wochen vor dem Ereignis. In dieser Zeit herrscht kommunikativer Winterschlaf. Keine Zukunftsprognosen, keine Details zum Geschäftsverlauf, keine Insiderinformationen. Wer dagegen verstößt, riskiert saftige Strafen und jede Menge Ärger mit der Börsenaufsicht.
Warum diese Geheimniskrämerei?
Der Grund ist simpel: Alle Marktteilnehmer sollen die gleichen Informationen haben. Nichts ist gefährlicher als ein CEO, der kurz vor der Quartalsberichterstattung im Golf-Club prahlt, wie toll die Zahlen werden. Oder ein Finanzvorstand, der auf einer Konferenz düstere Andeutungen macht. Die Quiet Period verhindert solche Indiskretionen.
Besonders kritisch ist die Zeit vor einem Börsengang. Hier gilt meist eine dreimonatige Schweigephase. Das Management darf zwar die harten Fakten aus dem Börsenprospekt diskutieren – aber keine Prognosen oder Einschätzungen abgeben, die über das offizielle Dokument hinausgehen.
Zwischen Transparenz und Tamtam
Was in der Quiet Period erlaubt ist:
- Normale Pressemitteilungen zum Tagesgeschäft
- Bereits geplante Auftritte auf Fachkonferenzen
- Reine Produktpräsentationen
- Kommunikation mit bestehenden Kunden
Was tabu ist: Alles, was den Aktienkurs beeinflussen könnte. Keine Gewinnprognosen, keine strategischen Ausblicke, keine Andeutungen über den Geschäftsverlauf. Das klingt hart, schützt aber vor allem die Anleger.
Die Praxis zeigt: Viele Unternehmen machen in der Quiet Period komplett dicht. Lieber einmal zu vorsichtig als einmal zu mitteilsam. Denn ein Verstoß kann teuer werden – nicht nur finanziell, sondern auch für die Reputation.
Interessant wird’s, wenn während der Quiet Period etwas Wichtiges passiert. Dann gilt die Pflicht zur Ad-hoc-Mitteilung natürlich trotzdem. Aber auch hier: Nur die Fakten, keine Interpretationen. Das führt manchmal zu kryptischen Börsenmitteilungen, die mehr Fragen aufwerfen als beantworten.
Die Quiet Period ist wie eine Diät für die Unternehmenskommunikation: Nicht angenehm, aber heilsam. Sie verhindert Insiderhandel, schafft Fairness am Kapitalmarkt und zwingt alle Beteiligten zur Disziplin. In Zeiten von Twitter, LinkedIn und andauernder Kommunikation ist das wichtiger denn je.