Kein Unternehmer wünscht sich, seine GmbH-Anteile oder betriebliche Wirtschaftsgüter unter zeitlichem Druck verkaufen zu müssen. Denn die Folgen übereilt durchgeführter Firmenverkäufe wirken sich aller Erfahrung nach nachteilig auf den Unternehmenswert und damit unmittelbar auf die Höhe der tatsächlich erzielbaren Verkaufspreise aus. Deshalb ist es wichtig, bei einem GmbH-Verkauf Drucksituationen beizeiten konsequent vorzubeugen. Erfahren Sie hier alles über den Anteilsverkauf, Tipps und den notwendigen Schritten bei der Veräußerung der GmbH.
Das Wichtigste in Kürze
- Zeitdruck vermeiden und strategisch vorgehen: Ein GmbH-Verkauf unter Zeitdruck kann den Wert des Unternehmens mindern. Eine rechtzeitige und strategische Vorbereitung des Verkaufsprozesses, insbesondere bei finanziellen Schwierigkeiten, ist essenziell, um einen möglichst hohen Verkaufspreis zu erzielen und rechtliche Konsequenzen wie Insolvenzantragspflichten zu vermeiden.
- Vorteile eines rechtzeitigen Verkaufs: Ein frühzeitiger Verkauf einer überschuldeten GmbH kann Insolvenzrisiken, persönliche Haftungen und Rufschäden abwenden. Zudem bleiben operative Entscheidungen und die Unternehmensführung bis zur Übergabe beim bisherigen Eigentümer, während die Kreditwürdigkeit und das geschäftliche Ansehen geschützt werden.
- Chancen für Käufer und steuerliche Vorteile: Der Kauf einer verschuldeten GmbH kann für Investoren attraktiv sein, insbesondere bei vorhandenen Potenzialen oder Alleinstellungsmerkmalen. Zusätzlich bietet das Steuerrecht Vorteile, wie Verlustvorträge, die Verluste mit zukünftigen Gewinnen verrechnen lassen und so die Steuerlast mindern. Steuerliche Aspekte und mögliche Verlustabzüge sollten jedoch vorab sorgfältig geprüft werden.
Warum ist der Faktor „Zeit“ bei einem GmbH-Verkauf so wichtig?
Verkaufswillige Unternehme sollten unbedingt die Zeit für einen GmbH-Verkauf nutzen und sich nicht unnötig unter Zugzwang setzen, indem sie die Betriebsübergabe hinaus zögern. Das betrifft vor allem solche Gesellschaften, die sich in finanzieller Schieflage befinden. Wer beispielsweise eine GmbH mit einem hohen Verschuldungsgrad auf dem M&A-Markt offeriert, sollte damit rechnen, bei den Verkaufsverhandlungen deutliche Abstriche von seinen Preisvorstellungen machen zu müssen.
In derart kritischen Fällen tun GmbH-Verkäufer gut daran, entschlossen und zügig zu handeln. Denn eine drohende Insolvenz käme einem herab hängenden Damoklesschwert gleich, das buchstäblich am seidenen Faden hängt. Hier sollten Sie sich mit dem Verkauf vor Insolvenz auseinandersetzen.
Unter Umständen kann es dann für einen GmbH-Verkauf bereits zu spät sein. Denn die Uhr tickt: Ist Ihre GmbH zahlungsunfähig, sind Sie verpflichtet, innerhalb von drei Wochen Insolvenz zu beantragen (s.u.) Damit es nicht soweit kommt, bedarf es einer klaren Strategie, bevor das Schiff „sinkt“ und nicht mehr zu retten ist. Jedoch ist dies nicht unbedingt ein leichtes Unterfangen.
Welche Vorteile bietet der rechtzeitige Verkauf einer überschuldeten GmbH?
Wenn Sie GmbH-Anteile verkaufen vermeiden Sie die Nachteile, die Sie durch ein Insolvenzverfahren eingehen würden. Das Wichtigste dabei: Bis zum Übergang der GmbH auf den Neu-Gesellschafter bleiben Sie Herr im eigenen Haus. Weitere Vorteile durch den Verkauf von GmbH Anteilen sind:
- Sie treffen weiterhin die unternehmerischen Entscheidungen und verantworten das operative Geschäft.
- Sie entledigen sich aller Haftungsrisiken eines Insolvenzverfahrens,
- Ihnen drohen keine insolvenzrechtlichen Konsequenzen,
- Ihre Kreditwürdigkeit bleibt unbeschädigt,
- Sie bewahren ihre Bonität gegenüber den Geschäftspartnern,
- Ihr gesellschaftliches Ansehen als Unternehmer bleibt erhalten.
Ist es überhaupt möglich, eine GmbH mit Schulden profitabel zu verkaufen?
Die grundsätzliche Antwort lautet „Ja!“ Jedoch gilt es einige Warnzeichen zu beachten, damit sich die Schulden nicht als unüberwindbare Barriere für den GmbH-Verkauf erweisen. Wer zu lange mit der Umsetzung seiner Verkaufspläne bezüglich des GmbH Verkaufs wartet, gerät schnell in eine kritische Phase, in der ein möglicher Konkurs unmittelbar bevorsteht. Die Insolvenz würde bedeuten: Ein GmbH-Verkauf ist nicht mehr realisierbar. Vor dem Verkauf rät es sich auch, den Unternehmenswert berechnen zu lassen. Dabei werden die Schulden natürlich abgezogen.
Denn das Insolvenzrecht bestimmt, dass eine GmbH nicht mehr frei veräußert werden kann, wenn sie überschuldet ist. Eine Überschuldung ist gegeben, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich (§ 19 Abs. 2 Satz 1 InsO).
Nach dieser Definition liegt eine rechtliche Überschuldung nicht vor, wenn trotz einer rechnerischen Überschuldung eine positive Fortführungs- bzw. Fortbestehensprognose für ein Unternehmen abgegeben werden kann.
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Wodurch unterscheiden sich Fortführungs- und Fortbestehensprognose?
In der Praxis werden beide Begriffe häufig synonym verwendet, denn sie geben gleichermaßen Aufschluss darüber, ob ein Unternehmen seinen Geschäftsbetrieb mittelfristig aufrecht erhalten und seine Zahlungsverpflichtungen erfüllen kann. Dennoch werden die Prognosen nach ihrer Betrachtungsweise unterschieden.
Der Fortbestehensprognose liegen bilanzrechtliche Kriterien zugrunde. Dazu wird der laufende Cashflow und damit die zu erwartende Einnahmen und Ausgaben betrachtet. Einen Schritt weiter geht die auch auf handelsrechtlichen Annahmen basierende insolvenzrechtliche Fortbestehensprognose nach IDW-Gutachtenstandard (IDW S11). Sie berücksichtigt und bewertet darüber hinaus, zusätzliche Fakten aus betriebswirtschaftlicher Sicht, die für oder gegen ein Fortbestand des Unternehmens sprechen.
Genau genommen handelt es sich bei der Fortführungsprognose um eine Zahlungs(un)fähigkeitsprognose, die sich in aller Regel aus einer Liquiditätsplanung sowie einer fundierten Erfolgs- und Vermögensplanung ableiten lässt. Um zu einem positiven Prognoseergebnis zu gelangen, ist zwingend erforderlich, dass die GmbH voraussichtlich ihren künftigen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann.
Dazu werden in einem Betrachtungszeitraum von zwölf Monaten im direkten Vergleich die liquiden und liquidierfähigen Mittel den fälligen Verbindlichkeiten gegenüber gestellt. Erweist sich dabei, dass die GmbH rein rechnerisch überschuldet ist, hilft nur noch eine positive Fortführungsprognose weiter. Zusätzliche Kriterien für die Gesamtbetrachtung der GmbH im Prognosezeitraum sind laut höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH II ZR 84/20, Urt.v.13.07.2021):
- der Wille der GmbH-Verantwortlichen, das Unternehmen fortzuführen und
- ein schlüssiger Finanzplan zur Kosten- und Ertragssituation.
Insgesamt also ein schmaler Grad zwischen einer positiven und negativen Prognose.
Denn ergibt die Fortführungsprognose, dass Ihre GmbH überschuldet und damit zahlungsunfähig ist, verbleibt Ihnen nur noch eine Frist von 21 Tagen um einen Insolvenzantrag zu stellen. Ansonsten droht Ihnen ein Verfahren wegen Insolvenzverschleppung mit allen straf- und zivilrechtlichen Konsequenzen.
Wie sich eine drohende Insolvenz verhindern lässt?
Unter den gegebenen Umständen lässt sich bei einem GmbH-Verkauf trotz Schulden eine drohende Insolvenz vermeiden:
- Der Verkauf von GmbH-Anteilen erfolgt mitsamt der zum Stichtag vorhandenen Schulden
- Der Verkäufer erbringt den rechtlichen Nachweis, dass keine konkrete Insolvenzgefahr droht.
Doch dazu darf es einiger Mühen und Anstrengungen. Zunächst sollten Sie belegen, dass die GmbH ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann. Gelingt der Nachweis nicht, sind Sie verpflichtet, innerhalb von drei Wochen Insolvenz zu beantragen. Die bittere Konsequenz: Aus Gründen des gesetzlichen Gläubigerschutzes können Sie dann nicht mehr über Ihre GmbH-Anteile verfügen. Für einen Verkauf sind Ihnen also die Hände gebunden.
Grundsätzlich ist es aber möglich, dass Sie Ihre verschuldete GmbH mitsamt den Schulden veräußern. Das Gute daran: Ihre Schulden sind Sie durch den GmbH-Verkauf ein für allemal los, ohne dass Ihnen der Makel des „Pleitiers“ anhaften würde. Außerdem können Sie unbeschränkt weiterhin kommerziell tätig sein, indem Sie ein neues Unternehmen gründen oder erwerben.
Wie definiert die Insolvenzordnung die Eröffnungsgründe für ein Insolvenzverfahren?
Bei der Feststellung, ob ein Schuldner insolvent ist, unterscheidet der Gesetzgeber drei Alternativen. Gründe für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens einer GmbH sind danach:
- Zahlungsunfähigkeit: Ein Schuldner gilt als zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Hat er seine Zahlungen bereits eingestellt, so ist von einer Zahlungsunfähigkeit in der Regel auszugehen (§ 17 Abs.1 u.2 InsO).
- Drohende Zahlungsunfähigkeit: Ein Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage ist, seine bestehenden Zahlungspflichten bei Fälligkeit zu erfüllen. Die Dauer des Prognosezeitraums beträgt 24 Monaten (§18 InsO).
- Überschuldung: Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung ein Eröffnungsgrund. Von einer Überschuldung ist auszugehen, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Ausnahme: Laut einer positiven Fortführungsprognose erscheint die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten nach den Umständen als überwiegend wahrscheinlich (§ 19 InsO).
Merke:
Ein Unternehmen ist nur dann als überschuldet anzusehen, wenn ihm keine „positive Fortführungsprognose“ attestiert werden kann.
Warum sollte sich eine Interessent für den Erwerb einer GmbH mit Schulden interessieren?
Die Motive für den Kauf einer verschuldeten GmbH können vielfältiger Art sein. Vermutet der GmbH-Erwerber zum Beispiel unentdecktes betriebliches Renditepotenzial, kann das der ausschlaggebende Grund für seine Kaufentscheidung sein. Diese gilt es nun mit Fakten zu untermauern!
Häufig schlummern in einer zum Verkauf stehenden Gesellschaft „verborgene Schätze“ etwa in Form von Alleinstellungsmerkmalen, die es zu aktivieren gilt. Oder die GmbH ergänzt beispielsweise die Wertschöpfungskette oder passt in die vorhandene Produktlinie des Erwerbers.
Allzu oft bedarf es lediglich einiger strukturellen Veränderungen, um die GmbH wieder auf Kurs und in eine profitable Situation zu bringen. Hier sollte eine gründliche Due Diligence vor der Veräußerung durch den Käufer durchgeführt werden, um diese Aspekte ausfindig machen zu können und somot Risiken minimieren zu können.
Unsere deutliche Aufforderung an Sie lautet daher: Nutzen Sie die verbleibende Zeit und ziehen Sie alle Register, um Kaufinteressenten den GmbH-Verkauf trotz vorhandener Zahlungsprobleme als lohnendes Investment schmackhaft zu machen.
Welcher Käufertyp kommt für Sie in Frage?
Jetzt herausfindenWie vorteilhaft ist die Übernahme von Schulden bei einem GmbH-Kauf?
Ein gewichtiges Argument für den Kauf einer verschuldeten GmbH bietet das geltende Steuerrecht. Denn auf Antrag gewährt der Fiskus einen „Verlustvortrag“. Damit werden entstandene Verluste mit den Erträgen des Folgejahres des Käufers verrechnet, so dass sich die steuerpflichtigen Einkünfte verringern. Verrechenbare Verluste entstehen, wenn der bilanzierte Kostenaufwand die erzielten Einkünfte zum Ende eines Steuerjahres übersteigt.
Dazu stellt die Finanzverwaltung am Jahresende formal fest, dass die Voraussetzungen für einen Verlustvortrag vorliegen. Steuerliche Verluste können dann in der Steuererklärung geltend gemacht werden, indem sie beispielsweise auf das Folgejahr vortragen werden.
Für Sie als „Alt“-Gesellschafter bedeutet ein solcher Verlustvortrag rechnerisch: Verluste Ihrer GmbH werden durch den Verlustvortrag steuermindernd berücksichtigt, allerdings nur in begrenzter Höhe. Bis zu einem Betrag von 1 Million Euro sind Verluste zu 100 % abziehbar. Höhere Verluste über den Grenzbetrag von 1 Million Euro hinaus können bis zu 60 % bzw. vorübergehend befristet bis 2027mit maximal 70 % steuerlich angesetzt werden.
Wichtig für den GmbH-Verkauf:
Für die Veranlagungszeiträume 2024 bis 2027 wurde der Prozentsatz des 1 Million Euro übersteigenden Betrags von 60 % auf 70 % erhöht. Ab 2028 gilt dann wieder die der bisherige prozentuale Wert von 60 %.
Und nun zum eigentlichen Clou bei einem Anteilsverkauf oder einem vollständigen Verkauf einer GmbH. Denn der Neu-Gesellschafter übernimmt im Rahmen eines Share Deals mit den GmbH-Anteilen bekanntlich auch die Schulden der GmbH. Ein Gesellschafterwechsel kann jedoch den steuerlichen Verlustabzug gefährden.
Denn der Gesetzgeber geht bei einem Wechsel der Gesellschafter grundsätzlich von einem „schädlichen Beteiligungserwerb“ und damit von einem Untergang des Verlustabzugs aus. Allerdings finden die negativen Folgen für den Verlustabzug bei einem Gesellschafterwechsel nur dann Anwendung, wenn innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 % des gezeichneten Kapitals einer GmbH an einen Erwerber oder einer ihm nahestehende Personen übertragen werden (§ 8c Abs.1, S.1 KStG). Ob von einem schädlichen Beteiligungserwerb auszugehen ist, hängt vom Umfang der Erwerbe im 5-jährigen Betrachtungszeitraum ab. Werden während dieser Frist Erwerbe von 50 % und mehr realisiert, sind die Verluste aus steuerlicher Sicht verloren.
Doch keine Regel ohne Ausnahme: Der Steuergesetzgeber bietet mit der sogenannten Konzernklausel einen Ausweg aus dem Dilemma an. Danach können an sich nicht abziehbare Verluste trotz eines schädlichen Beteiligungserwerbs abgezogen werden, soweit sie die zum Übertragungszeitpunkt vorhandenen stillen Reserven der GmbH nicht übersteigen (§ 8c Abs.1, S.5 KStG).
Steuergestaltungen sind meist kompliziert und haben ihre Tücken. Der Unternehmensverkauf gelingt Ihnen mitsamt Schulden optimal, wenn Sie dazu auf den Rat und die Unterstützung kompetenter Experten zugreifen.