Das Teileinkünfteverfahren einfach erklärt

Das Teileinkünfteverfahren einfach erklärt
Zentrale Fragen des Verkaufsprozesses
Inhaltsverzeichnis
Joachim Merkl für Unternehmer Radio Deutschland.png Geschrieben von Ass. jur. Joachim Merkl

Prinzipiell werden Kapitalerträge durch den Fiskus mit einer 25 %igen Pauschalsteuer belegt. Eine Ausnahme von dieser Regel bildet das Teileinkünfteverfahren. Danach werden Einnahmen aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften zu einem erheblichen Teil steuerlich freigestellt und dem persönlichen Steuersatz unterzogen. 

Was ist das Teileinkünfteverfahren? 

Grundsätzlich unterwirft der Fiskus Kapitaleinkünfte einer 25 %igen Abgeltungsteuer bzw. Kapitalertragsteuer. Beim Teileinkünfteverfahren handelt es sich jedoch um eine im deutschen Einkommensteuergesetz (ESTG) normierte Sondervorschrift zur Besteuerung von Einnahmen aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften. Bereits aus dem Wortlaut dieses Begriffs lässt sich ableiten, dass nach dieser Regelung unter bestimmten Voraussetzungen lediglich ein bestimmter Teil dieser Einkünfte steuerlich erfasst werden soll. 

Das Teileinkünfteverfahren ist in § 3 Nr.40 EStG geregelt. Danach sind auf Dividendenzahlungen  im Unterschied zur 25 %igen pauschalen Abgeltungssteuer

  • 60 % der Gewinnausschüttung steuerpflichtig und außerdem 
  • 60 % der Werbungskosten abziehbar.

Merke:

Das Teileinkünfteverfahren betrifft Erträge aus der Beteiligung an Kapitalgesellschaften.

Danach unterliegen die genannten Kapitalerträge lediglich zu 60 Prozent der Einkommensteuer (§ 3 Nr. 40 EStG), steuerfrei bleiben folglich 40 %. Die Höhe der dann zu entrichtenden Einkommensteuer errechnet sich nach dem persönlichen Steuersatz. 

Die mit diesen Beteiligungen im wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben können analog steuermindernd berücksichtigt werden. Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder sonstige Werbungskosten sind somit steuerlich ebenfalls zu 60 Prozent abzugsfähig (§ 3c Abs.2 EStG).

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Wann gilt das Teileinkünfteverfahren?

Das Teileinkünfteverfahren gilt für natürliche Personen, die Einkünfte aus ihrer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft erzielen. Das Verfahren dient dem Zweck, die steuerliche Belastung von Unternehmern und Gesellschaftern zu reglementieren. 

Unter das Teileinkünfteverfahren fallen Gewinnausschüttungen wie etwa Dividenden, soweit die Gesellschaftsanteile im Betriebsvermögen gehalten werden. Liegen die genannten rechtlichen Voraussetzungen vor, wird zwingend das Teileinkünfteverfahren angewendet. Diese Einkünfte unterliegen „automatisch“ dem Teileinkünfteverfahren, wenn sie eindeutig dem Betriebsvermögen zugeordnet werden können.

Unter bestimmten Voraussetzungen steht auch Privatanlegern die Möglichkeit offen, statt zur Abgeltungssteuer für das Teileinkünfteverfahren zu optieren, obwohl sich die Beteiligung im Privatvermögen befindet. Dazu müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:

Der Steuerpflichtige muss mindestens 

  • zu 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt sein oder fakultativ
  • zu 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt und außerdem beruflich nicht unerheblich für die Gesellschaft tätig sein (sog. unternehmerische Beteiligung).

Trifft einer der genannten Fälle zu, so sind die Einkunft wahlweise entweder nach der Abgeltungssteuer oder dem Teileinkünfteverfahren zu besteuern (§ 3 Nr.40a EStG). 

Merke:

Werden Dividenden nach den Regelungen des Teileinkünfteverfahrens besteuert, unterliegt die Gewinnausschüttung statt der pauschalen Kapitalertragsteuer von 25 % dem persönlichen Einkommensteuersatz. Im Unterschied zur Abgeltungsteuer können in diesem Fall Werbungskosten steuermindernd abgezogen werden. 

Abgeltungssteuer vs. Teileinkünfteverfahren: Welches Verfahren ist günstiger?

Beispiel: A ist Gesellschafter der XYZ-GmbH. Seine GmbH-Anteile über 50 % hält er in seinem Privatvermögen. Für das zurückliegende Geschäftsjahr bezieht A von der XYZ-GmbH eine Gewinnausschüttung in Höhe von 20.000 Euro. Sein persönlicher Steuersatz beträgt 35 %. Auf seine Einkünfte entfallen Werbungskosten in Höhe von insgesamt 7.000 Euro. Der alleinstehende, konfessionslose A möchte sein Wahlrecht optimal nutzen und daher gerne wissen, welches Steuerverfahren für ihn vorteilhafter ist. 

Dieser Muster-Steuervergleich verdeutlicht, wie sich die beiden Steuerarten in ihrer Anwendung des Teileinkünfteverfahrens rechnerisch unterscheiden. 

SteuerartAbgeltungsteuer*Teileinkünfteverfahren*
Gewinnausschüttung20.000 €20.000 € – 8.000 € **
Steuerpfl. Betrag
– Sparerpauschbetrag
– Werbungskosten
20.000 €
– 1.000 €
0 €
12.000 €
0 €
-4.200 €
Zu versteuern19.000 €7.800 €
Steuerlast
26,375 % v. 19.000 Euro 
(25 % KapSt. + 1,375 % SolZ.)
5.011,25 €
35 % persönlicher ESt.-Satz
(35 % v. 7.800 Euro)
2.730 €
Steuervorteil+ 2.281,25 €
* alle Beträge in Euro 
** steuerfreie Gewinnausschüttung = 40 %; zu versteuern sind demnach 60 %

Entscheidet sich A für das Teileinkünfteverfahren, so unterliegt er einer um 40 % reduzierten Steuerquote. Das entspricht einem Betrag in Höhe von 8.000 Euro. Dies führt zu einem entsprechenden Abzug vom steuerpflichtigen Betrag, der sich dadurch von 20.000 auf 12.000 Euro verringert.

Zusätzlicher Vorteil: A kann in seiner Steuererklärung anteilige Werbungskosten in Höhe von 60 % geltend machen. Das entspricht bei einem Werbungskostenaufkommen von insgesamt 7.000 Euro einer Quote von 4.200 Euro (siehe oben).

Ergebnis:

Mit dem Teileinkünfteverfahren steht sich A insgesamt steuerlich besser. Sein Steuervorteil gegenüber der Abgeltungssteuer beträgt 2.281,25 Euro.

Was ist bei einem Antrag auf das Teileinkünfteverfahren zu beachten?

Das Teileinkünfteverfahren muss unbedingt mit Abgabe der Einkommensteuererklärung in der Anlage KAP beantragt werden. Ohne fristgemäßen Antrag käme automatisch die Abgeltungsteuer zur Anwendung. 

Der Antrag gilt erstmals für jenen Steuerzeitraum, in dem er gestellt wird und gilt dann für die folgenden vier Jahre weiter. Ein Wechsel zurück zur Abgeltungssteuer innerhalb der 4 Jahresfrist ist zwar möglich, indem der Steuerpflichtige seinen Antrag für die Beteiligung noch vor der Bestandskraft des jeweiligen Steuerbescheides widerruft. Allerdings hat er dazu nur einen einzigen Versuch. Nach erfolgtem Widerruf ist eine spätere Rückkehr zum Teileinkünfteverfahren niemals mehr möglich. 

Beachte bei Kapitalgesellschaften:

Da Gewinnausschüttungen von Jahr zu Jahr durchaus erheblich schwanken können, sollten private Anteilseigner stets abwägen, ob die Abgeltungssteuer oder das Teileinkünfteverfahren steuerlich vorteilhafter für sie ist. Der oben abgebildete Muster-Steuervergleich kann dabei als Orientierungshilfe dienen.

Einfluss auf die Körperschaftssteuer

Der Einfluss des Teileinkünfteverfahrens auf die Körperschaftssteuer betrifft insbesondere die Besteuerung von Einkünften aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften. Im Rahmen der Körperschaftssteuer gelten spezielle Regeln, wenn es um die Veräußerung von Anteilen oder die Ausschüttung von Dividenden geht.

Für Körperschaften, die an anderen Unternehmen beteiligt sind, sieht das Steuerrecht vor, dass Dividenden und Gewinnanteile zu 95 % steuerfrei gestellt werden. Das bedeutet, dass nur 5 % dieser Einkünfte der Körperschaftssteuer unterliegen. Diese Regelung soll die wirtschaftliche Doppelbesteuerung vermeiden, die auftreten könnte, wenn dieselben Einkünfte sowohl auf der Ebene der ausschüttenden Gesellschaft als auch auf der Ebene der empfangenden Körperschaft besteuert würden.

Bei der Veräußerung von Anteilen an anderen Unternehmen gilt ebenfalls, dass 95 % der Einkünfte steuerfrei sind. Dieser Vorteil kann besonders bei Anteilsveräußerungen genutzt werden, um die Steuerlast zu minimieren. Allerdings sind die damit in Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben in der Regel nicht abziehbar, was die steuerliche Planung beeinflussen kann.

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Praxistipps für die Antragstellung

Die Antragstellung für das Teileinkünfteverfahren erfordert eine sorgfältige Planung, um die Vorteile voll auszuschöpfen. Nachfolgend finden Sie einige Praxistipps, die Ihnen helfen können, den Antrag korrekt und effektiv zu stellen:

  1. Frühzeitige Planung: Stellen Sie sicher, dass Sie das Teileinkünfteverfahren rechtzeitig bei der Abgabe Ihrer Steuererklärung beantragen. Dieser Antrag muss in der Anlage KAP erfolgen.
  2. Prüfen Sie die Beteiligung: Überprüfen Sie, ob Ihre Beteiligung die erforderlichen Mindestvoraussetzungen erfüllt, z.B. eine Beteiligung von mindestens 25 % an der Gesellschaft oder 1 % in Kombination mit einer beruflichen Tätigkeit für das Unternehmen.
  3. Darstellung der Gewinne: Achten Sie darauf, dass die Darstellung der Gewinne und Gewinnanteile korrekt erfolgt, um die steuerlichen Vorteile des Verfahrens zu nutzen.
  4. Beachten Sie Sonderfälle: Unter bestimmten Umständen, wie z.B. bei Anteilsveräußerungen, können zusätzliche Regeln gelten. Stellen Sie sicher, dass diese korrekt in Ihrer Steuererklärung berücksichtigt werden.
  5. Beratung in Anspruch nehmen: In komplexen Fällen, wie bei großen Gewinn­ausschüttungen oder spezifischen Beteiligungsstrukturen, kann es hilfreich sein, professionelle Steuerberatung in Anspruch zu nehmen.

Durch die Berücksichtigung dieser Tipps können Sie sicherstellen, dass Sie die Vorteile des Teileinkünfteverfahrens optimal nutzen und steuerliche Fallstricke vermeiden.

Über den Autor
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Ass. jur. Joachim Merkl

Joachim Merkl ist Jurist und erfahrener Autor mit einem Schwerpunkt auf Unternehmensnachfolge, Erbrecht und Mietrecht. Nach seinem Jura-Studium an der Universität zu Köln und erfolgreicher Tätigkeit als Justiziar und Rechtsanwalt arbeitete er viele Jahre als Wirtschafts- und Finanzjournalist für renommierte Medien wie „Capital”, „Finanztest” und das Wirtschaftsmagazin „DM”. Seit 2010 berät er KMUs zu Forschungs- und Entwicklungsprojekten sowie Projektfinanzierungen. Als Autor hat er zahlreiche Fachbücher veröffentlicht, die sich praxisnah mit Themen wie Unternehmensgründung, Erbrecht und Arbeitnehmerrechten auseinandersetzen.